Die Architektur des Columbariums
Betritt man den ehemaligen Kirchenraum heute, so erkennt man den einfach strukturierten, kubischen Baukörper der ehemaligen Erlöserkirche sofort wieder. Er dient nunmehr als Raumhülle für die unterschiedlichen Einbauten, die für die neue Nutzung erforderlich sind. Die aus verschiedenen Materialien bestehenden Innenflächen - Ziegel, Beton, Holz - wurden zur Vereinheitlichung des Raumeindrucks mit einem weißgrauen Schlämmanstrich überzogen. Die von Prof. Schaffrath geschaffenen Glasfenster wurden um noch fehlende Elemente ergänzt: die Pfarrgemeinde hatte zuvor die alten Entwürfe erworben. Diese hoch im Raumgefüge angesetzten Kunstverglasungen tragen reichlich und gleichmäßig verteiltes Licht hinein, die bodentiefen, farbigen Betongläser der Seitenkapelle schaffen hier eine besondere Atmosphäre, die starke Akzente für die heutige Nutzung setzt. Zur Vereinheitlichung des Raumbilds sowie zum Erhalt einer barrierefreien Nutzung wurde die Altarinsel abgetragen. Die frühere Orgelempore, die den geplanten Einbauten im Weg stand und in ihrer ursprünglichen Funktion schon lange keine Verwendung mehr hatte, wurde zurückgebaut. Die Orgel wurde spiegelbildlich zur vorherigen Position wiederaufgebaut, um die notwendige Nähe zum verbleibenden Sakralraum herzustellen.
Die Gestaltung des Columbariums setzt in diesem Teil des Stadtbezirks Aachen-Brand einen besonderen architektonischen Akzent. Die Architektur, entworfen von den Architekten Axel Birk und Elmar Paul Sommer, wendet sich ab vom sonst häufig in Urnenkirchen verwendeten "Stelensystem".
Bewusst wurde der auf einem rechtwinkligen Raster ausgerichtete Kirchenraum zur Nutzung als Columbarium mit fünf zylinderförmigen Kapellen ausgestattet, die jeweils einem Heiligen gewidmet sind, zu dem die Menschen in der Umgebung einen besonderen Bezug haben. Sie sind so gruppiert, dass sie untereinander wieder einen lichten, weiten Raum umfassen und im Zusammenspiel mit den Außenwänden unterschiedlichste Bereiche formen. Stets wechselnde Blickachsen und Sichtbezüge verleiten den Besucher, diese Orte zu erkunden.
Zur Erstellung der zweischaligen Kapellenwände wurden eigens trapezförmige Ziegel hergestellt, die ihre charakteristische Graufärbung durch ein zweifaches Brennverfahren erhielten. Dieses Mauerwerk nimmt die etwa 3.000 ebenfalls trapezförmigen Grabkammern aus 8 mm starkem, schwerem Stahl mit vergoldeten Rückwänden auf, in denen je eine Urne bestattet werden kann. Nach der Beisetzung wird jede Kammer mit einer blattvergoldeten Stahlplatte verschlossen, auf der der Name des Verstorbenen sowie das Geburts- und Sterbedatum aufgetragen werden. Mehrere Grabkammern können durch einen gemeinsamen Verschluss in Kreuzform zu einer Familiengrabstätte verbunden werden. Weitere 1.000 Grabstätten für Sozialbestattungen befinden sich in einer eigenen Kapelle auf der nicht zugänglichen Empore.
Ein neuer Bodenbelag aus Muschelkalk nimmt das Material des Grundsteins wieder auf und verbindet über seine unterschiedlichen Schattierungen das Grau des Ziegelmauerwerks mit den anderen, raumumfassenden Grautönen.
Eine halbkreisförmige Apsis ebenfalls aus zweifach gebranntem Ziegel errichtet, umfasst den Raum für Altar, Ambo und Tabernakel und schließt den Gottesdienstbereich in der ehemaligen Werktagskapelle ab.
Die Farben Grauweiß, Grau und Gold beherrschen den Raum und strahlen durch handwerklich meisterhaft verarbeitete Materialien Harmonie und Wärme aus.
Sonnenlicht bringt die Glasfenster von Professor Schaffrath zum Leuchten und taucht je nach Tageszeit das Gold der etwa 120 Quadratmeter großen Betonwand, die Kapellenwände, die hellen Außenwände, den Boden und die blattvergoldeten Verschlussplatten der Urnenkammern in farbenprächtiges Licht. Die Wasserfläche im Bereich der ehemaligen Altarinsel verdoppelt die in Orange- und Erdtönen gehaltenen vertikalen Lichtbänder und gestattet durch die Spiegelung der Deckenfläche einen Blick in ungeahnte Tiefen. Das Wasser ist eine Erinnerung an die Taufe, durch die Menschen in die besondere Gemeinschaft mit Gott aufgenommen werden.
Geplant ist für die Zukunft noch eine Einfriedung und Gestaltung des Außenbereichs, so dass Innen und Außen des Columbariums zu einem harmonischen Ganzen verschmelzen und den Besuchern ein größtmögliches Maß an Aufenthaltsqualität bieten.
Axel Birk und Elmar Paul Sommer,
Architekten der Umgestaltung der Erlöserkirche zum Columbarium